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Noah, geh in den Kasten, ich will stürmen...

 
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riege
Heavy Duty


Anmeldedatum: 08.08.2005
Beiträge: 6264
Wohnort: Los Karawancos

BeitragVerfasst am: 11.12.2005 17:04    Titel: Noah, geh in den Kasten, ich will stürmen... Antworten mit Zitat

Die Neuauflage der Arche Noah

Nach vielen Jahren sah Gott der Herr wieder einmal auf die Erde. Die Menschheit war verdorben und gewalttätig. Deshalb beschloss er sie zu vertilgen wie er es vor sehr langer Zeit schon einmal getan hatte.
So sprach er zu Noah: "Baue mir noch einmal eine Arche, diesmal statt aus Tannenholz aus dem qualitativ besseren Zedernholz, genau so wie damals, 300 Ellen lang, 50 Ellen breit und 30 Ellen hoch. Ich will eine zweite Sintflut über die Erde bringen. Die Menschheit hat nichts dazu gelernt. Du aber gehe mit deiner Frau, deinen Söhnen und deren Frauen in die Arche und nimm von allen Tieren zwei mit, je ein Männchen und ein Weibchen. In sechs Monaten will ich den großen Regen schicken."

Noah stöhnte auf: "Muß denn das schon wieder sein? Wieder 40 Tage Dauerregen und 150 unbequeme Tage auf dem Wasser mit all den lästigen Tieren an Bord und dazu noch keinen Fernseher." - Aber Noah war gehorsam und versprach alles genau so zu tun wie es Gott ihm aufgetragen hatte.

Nach sechs Monaten zogen dunkle Wolken auf und es begann zu regnen. Noah saß in seinem Vorgarten und weinte, denn da war keine Arche. "Noah", rief der Herr, "Noah, wo ist die Arche?"
Noah blickte zum Himmel und sprach: "Herr, sei mir gnädig."
Gott fragte abermals: "Wo ist die Arche, Noah?"
Da trocknete Noah seine Tränen und sprach: "Herr, was hast du mir angetan! Als erstes beantragte ich beim Landkreis eine Baugenehmigung. Die dachten zuerst, ich wollte einen extravaganten Schafstall bauen. Die kamen mit der ausgefallenen Bauform nicht zurecht, denn an einen Schiffsbau wollten sie nicht glauben.
Auch deine Maßangaben stifteten Verwirrung, weil niemand mehr weiß, wie lang eine Elle ist. Also mußte mein Architekt einen neuen Plan zeichnen. Die Baugenehmigung wurde mir zunächst abgelehnt, weil eine Werft in einem Wohngebiet planungsrechtlich unzulässig ist.

Nachdem ich dann endlich ein passendes Gewerbegrundstück gefunden hatte, gab es nur noch Probleme. Im Moment geht es noch um die Fragen, ob die Arche feuerhemmende Türen, eine Sprinkleranlage und einen Löschwassertank benötigt. Auf den Hinweis, ich hätte im Ernstfall rundherum genügend Löschwasser, glaubten die Beamten, ich wolle mich über sie lustig machen. Als ich ihnen erklärte, das Wasser käme noch in großen Mengen, und zwar viel mehr, als ich zum Löschen jemals benötige, brachte mir das den Besuch eines Amtsarztes ein. Er wollte von mir wissen, was ein Schiffsbau auf dem Trockenen fernab von jedem Gewässer solle. Nach seinem psychiatrischen Gutachten teilte mir die Bezirksregierung telefonisch mit, ich könne ja gern das Schiff bauen, müsste aber selbst zusehen, wie es zum nächst größeren Fluß käme. Mit dem Bau eines Sperrwerkes könne ich nicht rechnen, nachdem der Ministerpräsident zurückgetreten sei und sein Nachfolger mangels Geld in den öffentlichen Kassen derartige Vorhaben nicht unterstütze. Außerdem benötige ich noch eine Abnahme vom TÜV, damit das Schiff auf öffentlichen Gewässern fahren darf. Die Handwerkskammer muß auch noch ihre Zustimmung geben, da die Anfertigung handwerklich geschieht und ein in der Handwerksrolle eingetragener Meister den Bau überwachen muß. Wenn ich selbst den Meisterbrief mache, dauert das mehrere Jahre und du wolltest den Regen ja schon in sechs Monaten schicken.

Dann rief mich ein anderer Beamter der Behörde an, der mir erklärte, sie seien inzwischen ein kundenorientiertes Dienstleistungszentrum geworden. Darum wolle er mich darauf hinweisen, daß ich bei der EU in Brüssel eine Werftbeihilfe beantragen könne. Der Antrag muß allerdings in den drei Amtssprachen in achtfacher Ausfertigung termingerecht eingereicht werden. Die Bearbeitung dauert aber mindestens ein Jahr, und bevor die Anträge nicht bearbeitet sind, darf ich diesbezüglich keine Tätigkeit aufnehmen, sonst verfallen die Zuschüsse automatisch.

In der Zwischenzeit ist beim Verwaltungsgericht ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren meines Nachbarn anhängig, der einen Großhandel für Tierfutter betreibt. Der hält auch das Vorhaben für einen Werbegag, mein Schiffbau sei nur darauf ausgelegt, ihm Kunden abspenstig zu machen. Ich habe ihm schon zwei Mal erklärt, daß ich garnichts verkaufen wolle. Er hört mir überhaupt nicht zu und das Verwaltungsgericht läßt sich auch sehr viel Zeit.

Die Suche nach Zedernholz habe ich eingestellt. Libanesische Zedern dürfen nicht mehr eingeführt werden. Als ich dann im Wald Bauholz beschaffen wollte, wurde mir das Fällen von Bäumen mit dem Hinweis auf das Naturschutzgesetz verweigert. Außerdem sei der hiesige Wald ein Bannwald, in dem für mindestens hundert Jahre nichts mehr eingeschlagen werden dürfe. In einem weiter entfernt liegenden Waldgebiet könne ich vorzugsweise Bruchholz vom letzten Sturm bekommen, aber ich müßte bedenken, daß der Einschlag das Klima und den Naturhaushalt schädige. Deshalb müsse ich eine Ersatzaufforstung nachweisen. Auf meinen Einwand hin, in Kürze gäbe es bald keine Natur mehr und das Pflanzen von Bäumen sei deshalb völlig sinnlos, bekam ich ein zweites Mal Besuch vom Amtsarzt.

In meiner Verzweiflung heuerte ich Zimmerleute an die versprachen, das nötige Bauholz selbst zu beschaffen. Bevor sie anfingen zu arbeiten, wählten sie zuerst einen Betriebsrat. Dieser wollte mit mir zu allererst einen Tarifvertrag für den Holzschiffbau auf dem flachen Land ohne Wasserkontakt aushandeln. Weil wir uns nicht einig wurden, kam es zur Urabstimmung und zum Streik. Herr, weißt du überhaupt was heutzutage Handwerker kosten? Und mir ist auch nicht klar, wie ich sie bezahlen soll.

Weil die Zeit drängte, fing ich schon einmal damit an die Tiere einzusammeln. Am Anfang ging alles noch sehr gut. Vor allem die beiden Ameisen sind wohlauf. Bevor ich frei laufendes Wild im Wald einsammeln konnte, musste ich noch die Genehmigungen des Jagdpächterverbandes und der Forstverwaltung sowie eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Landratsamtes einholen.
Aber seit ich das Tigerpaar und die zwei Schafe von der Notwendigkeit ihres gemeinsamen und friedlichen Aufenthalts bei mir überzeugt hatte, meldete sich der örtliche Tierschutzverein und rügte die artfremde Haltung.
Die Tiger und einige weitere Tierarten konnte ich im Zoo und im hiesigen Tierheim bekommen. Die waren froh, daß sie einige Tiere weniger zu füttern hatten.
Aber eine Reihe von Tieren durfte ich nicht einführen, da dies nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen verboten ist. Und wenn ich es trotzdem tue, komme ich ins Gefängnis und dann ist der Bau der Arche für längere Zeit gefährdet.
Nur gut, daß es nicht nötig ist, auch noch Fische mit an Bord zu nehmen. Sonst hätte ich auch noch den Jahresfischereischein machen müssen.
Mein Nachbar klagt inzwischen auch schon wieder, weil er die Eröffnung eines Zoos ebenfalls für geschäftsschädigend hält.

Herr, ist dir eigentlich klar, daß ich auch nach der europäischen Tierschutztransportverordnung eine Genehmigung für Tiertransporte brauche? Ich bin schon auf Seite 22 des Formulars und grüble im Moment darüber nach, was ich als Transportziel angeben soll. Und wußtest du eigentlich, daß z.B. Geweih tragende Tiere während der Brunftzeit überhaupt nicht transportiert werden dürfen? Dir ist schon bewußt, daß ich die 43 Vorschriften der Binnenmarkttierschutzverordnung für den Transport von Kaninchen strikt beachten muß! Mein Anwalt prüft gerade, ob diese Vorschriften auch für Hasen gelten.

Übrigens, wenn du es einrichten könntest, die Arche als ein fremdflaggiges Schiff zu deklarieren, das sich nur im Bereich des deutschen Küstenmeeres aufhält, bekäme ich die Genehmigungen etwas einfacher. Ein Umweltschützer von Greenpeace erklärte mir, daß ich die Gülle, Jauche, Exkremente und den Stallmist nicht im Wasser entsorgen dürfe. Wie stellst du dir die Entsorgung vor? Damals ging es doch auch.
Dann kam noch das Landratsamt und verlangte aufgrund meines fortgeschrittenen Alters ein Gutachten, ob ich überhaupt zum Erwerb eines Kapitänpatents gesundheitlich und charakterlich geeignet sei.
Allein das Gutachten, die Fahrstunden auf einem Schulschiff und das Ausstellen des Kapitänpatents hätten mehr als ein halbes Jahr gedauert. Außerdem hätte ich wegen gestiegener Rohstoffpreise, Löhne, Steuern und Abgaben sowie der Beiträge für Berufgenossenschaft, Handwerkskammer, Versicherungen, GEMA-Gebühren, Rundfunkgebühren, usw. noch ein Darlehen benötigt.
Seit die Banken nach Basel II die Kreditwürdigkeit eines Unternehmers sehr gründlich untersuchen und das Projekt Arche als hoch riskant eingestuft hatten, hätte ich den Schmuck meiner Frau und meiner Schwiegertöchter verpfänden müssen - und trotzdem einen Wucherzins gezahlt.

Vor zwei Wochen hat sich noch das Oberkommando der Marine bei mir gemeldet und von mir eine Karte der künftig überfluteten Gebiete erbeten. Ich habe ihnen einen blau angemalten Globus geschickt. Vor zehn Tagen erschienen dann noch die Steuerfahnder. Die haben den Verdacht, ich bereite meine Steuerflucht vor.
Herr, ich komme so nicht weiter. Ich bin so verzweifelt. Oder soll ich doch lieber meinen Rechtsanwalt mit auf die Arche nehmen?"

Noah fing vor Verzweiflung an zu weinen. Da hörte der Regen auf, der Himmel klarte auf und die Sonne schien wieder. Dazu zeigte sich noch ein wunderschöner Regenbogen.
Noah blickte fragend auf zum Himmel und lächelte:
"Herr, du wirst die Erde nun doch nicht zerstören?"
Da sprach der Herr in seiner vorrausschauenden Weisheit:
"Darum sorge ich mich nicht mehr, das schafft schon eure Verwaltung."
_________________
...silver blaze...
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Gitti
Gleichstellungsbeauftragte


Anmeldedatum: 17.08.2005
Beiträge: 5513
Wohnort: Xtal

BeitragVerfasst am: 11.12.2005 20:53    Titel: Antworten mit Zitat

Ganz nach der deutschen Behördentum.....
alles nach Plan, wohl geordnet und genau nach Vorschrift...... theoretisch.....
so ist es, das hat der Gottvater damals schon gesagt,
ihr braucht mich nicht, um euch fertig zu machen,
der Mensch sorgt schon alleine dafür sich auszurotten......

Gruss
Gitti
dievondenBehördendieNaseauchvollhat...
_________________
Gryße Die Gitti
Stammtischschwester von
von diesen
und von diesen


Wie sprechen Menschen mit Menschen? Aneinander vorbei...(K.Tucholsky)

IG FULDA Wasserkuppentreffen 04.-06.09.2015
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Hauni
Forum-König


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Beiträge: 4662
Wohnort: Im Mittelpunkt der EU

BeitragVerfasst am: 11.12.2005 22:25    Titel: Antworten mit Zitat

GENIAL!!!!!!
Was han ich jelacht Yellow Laugh Mr. Green
_________________
Am schlimmsten ist die Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben (A.von Humboldt)
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weissersr500
Forumsweiser


Anmeldedatum: 09.08.2005
Beiträge: 1365

BeitragVerfasst am: 12.12.2005 13:13    Titel: Antworten mit Zitat

dass kommt mir so bekannt vor, prust Yellow Very Happy

alex
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sr500 BJ 83 alias Stalinkrad

und sonst noch ein paar Eisen
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kommmschmit
Badisches Urvieh


Anmeldedatum: 07.08.2005
Beiträge: 11084
Wohnort: Eberbach / Baden

BeitragVerfasst am: 12.12.2005 14:01    Titel: Antworten mit Zitat

.....einen Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars zur Bestätigung der Nichtigkeit des Durchschriftsexemplars.............. le mur
_________________
Ich ärgere mich nicht
und wenn ich verrecke vor Zorn (mein Lebensmotto)
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